Berliner Testament

Das sogenannte Berliner Testament ist eine sehr verbreitete und beliebte Testamentsform; ein sogenannter Klassiker.

Errichten können es nur Eheleute oder eingetragene Lebenspartner. Nicht verheirateter Paare können nur einzelnen Testamente erstellen oder einen Erbvertrag schließen.

Wie jedes Testament kann es entweder notariell beurkundet oder vollständig handschriftlich verfasst werden. Es muss von beiden Ehepartnern handschriftlich mit Ort und Datum unterzeichnet werden.

In seiner einfachsten Form genügt folgende Formulierung:

„Hiermit setzen wir uns gegenseitig zu Alleinerben ein.“

In welchen Fällen ist dieses Testament sinnvoll bzw. welche Fallstricke sind zu beachten?

 

1. Kinderlose Ehepaare

Weit verbreitet ist der Irrtum, dass bei kinderlosen Ehepaaren nach der gesetzlichen Regelung der Ehepartner Alleinerbe wird.

Tatsächlich sieht das Erbrecht vor, dass bei kinderlosen Ehepaaren bei gesetzlicher Erbfolge die Verwandten zweiter Ordnung, d. h. die Eltern und bei deren Tod, die Geschwister, Neffen und Nichten und im Extremfall sogar Großneffen und -nichten miterben.

So entstehen Erbengemeinschaften von Personen, die zueinander in schwierigen oder gar keinen Beziehungen stehen.

Zur Vermeidung hätte ein rechtzeitig zu Papier gebrachter Satz ausgereicht. Für die Eltern des Erblassers verbleiben Pflichtteilsansprüche, sofern sie noch leben. Nach deren Tod gehen die sonstigen Verwandten, Geschwister und deren Nachfolger leer aus.

 

2. Intakte Familien

Das Berliner Testament führt dazu, dass beim ersten Erbfall die Kinder enterbt sind. Damit soll dem überlebenden Ehegatten sein Lebensstandard – häufig die selbst bewohnte Immobilie-gesichert werden. Von den Kindern wird erwartet, dass sie geduldig auf ihr Erbe bis zum Tod des Letztversterbenden warten.

Enthält das Berliner Testament bindende Erbeinsetzungen zugunsten der Kinder, können sie sicher sein, dass Ihre Erbquote nach dem Erstversterbenden nicht mehr verändert werden kann.

Leider entpuppt sich das Bild der intakten Familie im Erbfall nicht selten als Illusion.

Ein enterbtes Kind will Geld sehen und verlangt seinen Pflichtteil. Es fehlt an Liquidität des Alleinerben.

Der Pflichtteilsanspruch ist mit sehr umfassenden Auskunftsansprüchen über die Vermögensentwicklung in den letzten zehn Jahren vor dem Tod verbunden.

Hochbetagte Erben sind mit der Erstellung des Vermögensverzeichnisses- hier schildere ich meine langjährige Erfahrung-stark überfordert. Sie leiden meist unter altersbedingten Erkrankungen oder haben sich während der Ehe um finanzielle Angelegenheiten wenig gekümmert. Letzteres betrifft wohl in der jetzt anstehenden Erbengeneration Frauen häufiger als Männer.

Der überlebende Ehepartner geht erneut den Bund der Ehe ein. Auch bei hochbetagten Erben kein Einzelfall. Gebunden an die Regelungen im Berliner Testament ist die Gefahr gegeben, dass das Vermögen zu Lebzeiten noch „versilbert“ wird. Den Einfluss neuer Ehepartner sollte man nicht unterschätzen.

Pflichtteilsstrafklauseln und sogenannte Wiederverheiratungsklauseln sollten auch in intakten Familien im Berliner Testament nicht vergessen werden. Der „worst case „sollte auch in friedliebenden Familien einkalkuliert werden.

 

3. Patchworkfamilien

Patchworkfamilien gibt es in unterschiedlichen Grundkonstellation:

-nur ein Ehepartner bringt Kinder mit in die Ehe ein.

-beide Ehepartner haben Kinder.

-meine, deine und unsere Kinder.

Diese Ausgangssituation gilt es zu analysieren und das Testament danach auszurichten.

Geht es darum den Ehepartner nur abzusichern und den Kindern das Erbe zuzuwenden? Nießbrauchs- und Wohnrechte können Lösungen sein.

Sollen alle Kinder, unabhängig von ihrer Herkunft, gleichermaßen als Erbe bedacht werden oder sollen sie beim Tod des leiblichen Elternteils nur ein Pflichtteil erhalten? Das Erbschaftsteuerrecht garantiert allen Kindern die gleichen Freibeträge, unabhängig welcher Ehepartner ihnen das Vermögen vererbt.

Bei Erbeinsetzung aller Kinder hängt der Erbfall vom Zufall. Wer verstirbt zuerst?

Insbesondere die nicht leiblichen Kinder sind häufig erfreut, wenn sie beim Tod des leiblichen Elternteils kein Erbe werden. Sie verlangen schon zur eigenen Sicherheit den Pflichtteil.

Ohne gesonderten Regelungen, z.B. die Anordnung von Vor- und Nacherbschaft besteht auch hier die Gefahr, dass das Vermögen zu Lebzeiten vom Überlebenden verbraucht wird.

Das gemeinsame Kind ist meist das jüngste Kind. Zu seinem Schutz sollte über vormundschaftliche Regelungen und die Anordnung von Testamentsvollstreckung nachgedacht werden.

In der Praxis ist es im Allgemeinen ein Anliegen, das der Ex Partner unter keinen Umständen vom Erbe oder Pflichtteil des Kindes aus erster Ehe profitieren soll. Auch dafür gibt es Regelungen.

 

Fazit: Das Berliner Testament sollte nicht gedankenlos verfasst werden. Eine sorgfältige Beratung schützt vor Überraschungen. Streitigkeiten um das Erbe sind emotional für alle Beteiligten stark belastend. Ein rechtzeitiges auf die individuelle Familiensituation zugeschnittenes Testament hilft.